Die Stars von morgen schon heute

Draftrückblick 2014: Cincinnati Bengals

In unserem Draftrückblick wollen wir heute die AFC North mit den Cincinnati Bengals abschließen. Diese haben mit einer soliden Offense und einer bärenstarken Defense in der letzten Saison die Division gewonnen, obwohl sie einige verletzungsbedingte Ausfälle zu beklagen hatten. In den Playoffs folgte aber gleich in der ersten Runde das aus gegen die Chargers. Damit durften sie in der ersten Runde des Drafts an 24. Stelle draften.

 

Dort entscheiden sie sich für CB Darqueze Dennard von Michigan State. Christian und ich waren immer der Meinung, dass ein Pick von Dennard mit einem gewissen Risiko behaftet sein würde und so sehen wir das auch hier. Er hat am College seine Gegenspieler sehr gut aus dem Spiel nehmen können, sich dabei allerdings oft mit illegalen Tricks beholfen. Regelmäßig sah man ihn Gegner festhalten oder in ihrer Route behindern, was in der NFL deutlich häufiger bestraft wird als am College, wo die Schiedsrichter gerne ein Auge zudrücken. Dabei ist er gar kein so schlechter Athlet und er könnte auch ohne festzuhalten an den meisten Receivern dranbleiben. Ein weiterer Kritikpunkt an seinem Spiel ist, dass er zu selten Interceptions fängt. Er versucht viel zu selten, den Ball zu finden, sondern verteidigt nur gegen den Mann. Eine weitere „Technik“, mit der man sich in der NFL viele Strafen für Pass Interference einhandelt. Bei den Bengals kommt er aber in die für ihn fast ideale Situation. Er wird sich in seinem Spiel umstellen müssen, bei den Bengals muss er aber nicht direkt als Starter einspringen. Mit Terence Newman, Adam Jones und dem Berichten zufolge wiedergenesenen Leon Hall, sind die Positionen eins bis drei eigentlich besetzt, dazu hat man noch den ehemaligen Erstrundenpick Dre Kirkpatrick im Kader, auf dessen Durchbruch fieberhaft gewartet wird. Wenn alles gut läuft, sind Dennard und Kirkpatrick das Cornerback-Duo der Zukunft in Cincy, wenn es schlecht läuft, schauen sich die Bengals in zwei bis drei Jahren immer noch nach Cornerbacks um.

 

In der zweiten Runde wählten die Bengals RB Jeremy Hill von LSU, bei dem ich immer noch nicht verstehe, wie er so hoch gedraftet wurde. Natürlich ist er ein sehr talentierter Spieler und rein von seinen körperlichen Voraussetzungen der wohl beste Running Back in dieser Draftklasse. Auf dem Feld war er aber deutlich unter der Spitze anzuordnen. Grundsätzlich lässt sich sein Spiel als schlampig bezeichnen, mit vielen technischen Unsauberkeiten, die er immer wieder einbaute. Sachen, die sich durch bessere Konzentration oder hohen Einsatz im Training eigentlich vermeiden lassen. Der Hauptgrund, warum ich als General Manager Hill nie gedraftet hätte, ist aber, dass er in den letzten drei Jahren zweimal vor Gericht stand – einmal wegen eines sexuellen Übergriffes, das zweite Mal wegen eines tätlichen Angriffs, den man hinterher bei Youtube bewundern konnte. Er lief von hinten auf einen Mann zu und schlug ihm mit Schwung gegen den Kopf – ein sympathischer Typ. Nach seiner letzten Verurteilung ist er noch bis nächstes Jahr auf Bewährung. Und ihn ziehen die Bengals in der zweiten Runde und wollen ihm Millionen von Dollars geben, in der Hoffnung, dass er sich bessert. Meine Prognose: Spätestens 2016 steht er wieder vor Gericht. Ebenso fragwürdig wie die Wahl des Spielers ist aber auch die Position, die die Bengals hier gezogen haben – Running Back. Bereits letztes Jahr haben sie in der zweiten Runde einen RB in Giovani Bernard geholt. Er ist ein kleiner, wendiger, explosiver Back und Hill kann mit seiner Power ein guter Gegenpart sein, aber den hat man bereits in BenJarvus Green-Ellis. Auch wenn man mit BJGE nicht immer zufrieden ist in Cincy, hätte es vielleicht auch gereicht, in der vierten oder fünften Runde einen Power Back zu ziehen. Alles in Allem ein sehr fragwürdiger Pick.

 

In der dritten Runde, war die einzige Frage, die mir in den Kopf kam, warum dieser Spieler noch nicht früher gedraftet wurde: DE Will Clarke von West Virginia. Er besitzt die perfekten Maße (6‘6‘‘, 271 lbs, lange Arme), um Defensive End in einer 4-3 Defense zu spielen, sowie eine gute Athletik. Auch wenn er im Pass Rush noch an seiner Technik arbeiten muss, ist er bereits recht erfolgreich zum Quarterback gekommen. Von seiner Upside her, kann er ein dominanter Pass Rusher und Laufverteidiger in der NFL werden. Es fehlte am College lediglich die Konstanz in seinem Spiel. Bei den Bengals wird er helfen, den abgewanderten Michael Johnson zu ersetzen. Bereits im letzten Jahr, wie Bernard in der zweiten Runde, zogen die Bengals DE Margus Hunt. Mit ihm und Wallace Gilberry wird sich Clarke um Einsatzzeit streiten, wobei alle in der Rotation ihre Snaps sehen werden.

 

In Runde vier wählten die Bengals C Russell Bodine von North Carolina. Sein auffälligster Moment in der Draftvorbereitung kam wohl, als er bei der Combine den diesjährigen Bestwert im Bankdrücken mit 42 Wiederholungen aufstellte. Aus Ermangelung an Tape können Christian und ich aber kaum mehr über ihn sagen. Bei den Bengals war Center Kyle Cook zuletzt mehr und mehr in die Kritik geraten. Entsprechend wurde er in diesem Frühjahr entlassen. Nun wird Bodine mit dem ehemaligen undrafted Free Agent Trevor Robinson darum kämpfen, der neue Starter zu sein.

 

In der fünften Runde entschieden sich die Bengals für QB A.J. McCarron von Alabama. McCarron fiel am College dadurch auf, dass seine Coaches um Nick Saban nicht besonders viel von ihm verlangten. Viele Handoffs zu seinen Running Backs und der gelegentliche Pass sprangen dabei heraus. Spätestens im Bowl Game gegen Oklahoma dürfte aber klar geworden sein, dass er nicht das Zeug zu einem Top-Spieler auf seiner Position hat. Zu sehr hat er sich vom Druck der Defense einschüchtern lassen und im Verlauf des Spieles immer schlechter und schlechter gespielt. Bestenfalls könnte aus ihm ein solider Starter werden, wahrscheinlicher ist es aber, dass er eine Karriere als Backup verbringt. In dieser Rolle bringt er aber die Fähigkeit mit, wenige Fehler zu machen, was man, wenn sich der Starter verletzt, von seinem Ersatzmann gerne sieht. Dementsprechend wird er kein Konkurrent sein, der Andy Dalton Feuer unterm Hintern macht, sondern eben „nur“ ein Backup.

 

In den Runden sechs und sieben zogen die Bengals noch OLB Marquis Flowers von Arizona, WR James Wright von LSU und CB Lavelle Westbrooks von Georgia Southern, alles Spieler, zu denen weder Christian noch ich genauere Angaben machen können.

 

Insgesamt ist es nicht wirklich mein liebster Draft in diesem Jahr und das liegt hauptsächlich an dem Pick in der zweiten Runde. Dennard stellt ein Risiko dar, deckt aber immerhin einen der wenigen Needs ab, den das Team vor dem Draft hatte. Nichtsdestotrotz hätte ich an der Stelle lieber Jason Verrett oder Bradley Roby gesehen. Den Clarke-Pick in der dritten Runde fand ich dagegen sehr gut, da ich ihn Mitte der zweiten Runde gesehen hatte. Über die Picks danach kann keiner meckern, da sie benötigte Tiefe (bzw. bei Bodine eine benötigte Alternative) bieten und McCarron in der fünften Runde stellt auch guten Value dar. Als Fan der Bengals wäre ich trotzdem nicht wirklich begeistert.

One comment

  1. Steven /

    Ok, doch mit etwas Verspätung, meine 2 Cents^^

    Ich hab mich über den Dennard-Pick tierisch gefreut, weil ich nicht für möglich gehalten hätte, dass er zu dem Zeitpunkt noch auf dem Board wäre. Der Junge passt einfach ideal in unser System und das Fummelige werden wir ihm auch noch abgewöhnt bekommen. Wie du schon richtig meintest, hat er keinen Druck und kann in Ruhe von 3 erfahrenen CBs Hall, Newman und Jones lernen.

    Bei Hill bin ich auch hin- und hergerissen. Einerseits ist er ein klasse RB, der sich ideal mit Gio ergänzt, andererseits hat er in seinem Leben auch schon richtig viel Bockmist gerissen. Offenbar hat er mit seinem Brief an die NFL-Clubs ordentlich Eindruck schinden können und auch viele Coaches vom College haben sich wohl sehr positiv über ihn ausgesprochen. Wenn er nun wirklick erwachsen geworden ist und sein altes Leben hinter sich lässt, ist er mir in Cincy sehr willkommen – denn ich glaube nicht dass BJGE im 53-Roster zu finden sein wird, dafür war seine Leistung einfach zu schwach. Des Weiteren ist es ein klares Statement, dass unter OC Jackson die Power-Run Offence eingeführt wird.

    Will Clarke ist imho ein Steal an 88. Wie du sagst, passt er körperlich ideal und ist fast ein Johnson-Klon – allerdings wird er wohl zunächst einmal hinter Hunt stehen bis er das System verinnerlicht hat. Gilberry wird wohl mehr DT spielen, bis Atkins vollkommen genesen ist.

    Als wir uns in der 4. hochgetraded haben (was für Cincy ECHT ne Seltenheit ist!), dachte ich erst, wir greifen uns einen QB. Ich wusste zwar, dass wir Bodine draften wollen, aber dass er es uns wert war, ein Pick für ihn abzugeben, lässt drauf schließen, dass er echt beeindruckt haben muss. Er ist ein verdammt starker, intelligenter Center, der die Attitude mitbringt, den man in der AFC North braucht. Vielleicht schafft er es gleich Starter zu sein, allerdings seh’ ich da zur Zeit noch Pollack vorne.

    McCarron find ich in der 5. Runde ein Steal – Er mag nicht so gut sein, wie es der Pre-Draft-Hype um ihn andeuten könnte, aber seine TD-Int-Ratio find ich beachtlich auch wenn er sich natürlich noch weiterentwickeln muss. Von seiner Art her, ist er aber vielleicht nicht verkehrt um Dalton Druck zu machen, da er sich mit der Reservistenrolle langfristig nicht begnügen wird.

    Marquis Flowers ist ein ähnlicher Spielertyp wie Lamur – ein cover-LB, der einem S sehr ähnlich ist. Dass diese Rolle im Team recht wichtig ist, hat man gesehen als Lamur sich letztes Jahr verletzt hat, woraufhin Mays von S auf LB umgeschult wurde.

    James Wright wurde wohl nicht als WR gedrafted, sondern als Special Teamer wo er wohl bei LSU geglänzt hat – ob er den Roster schafft bleibt abzuwarten.

    Lavelle Westbrooks ist auch eher jemand, der zusehen muss, dass er zumindest ins PS kommt, aber wirklich viel kann ich zu ihm dann auch net sagen außer dass ich ihn bestenfalls als Special Teamer im Roster sehe.

    Hätte mir zwar noch einen OT und einen S gewünscht, aber alles in allem, find’ ich den Draft gut (auch wenn die Runden 6 & 7 auch bei mir viele Fragezeichen aufgeworfen haben) – man muss nur bedenken, dass Cincy seit einiger Zeit keine Day-1-Starter drafted und seine Rookies erst gemächlich an die NFL heranführt. Wir hatten den Luxus keinen eklatanten Need zu haben und strategisch draften zu können, das haben wir in diesem Draft imho getan.