Die Stars von morgen schon heute

Running Backs in Runde 1

Ich werde heute eine Meinung vertreten, die im aktuellen NFL-Klima eher unbeliebt ist:

Es ist völlig in Ordnung, einen Running Back in der ersten Runde zu draften.

Ihr denkt jetzt vielleicht: ‚Der Typ hat ja keine Ahnung‘ oder ‚Als Cowboys-Fan muss er das wegen Ezekiel Elliott ja sagen‘, aber ich habe tatsächlich logische und hoffentlich nachvollziehbare Gründe für meine Meinung. Also bitte erst bis zum Ende lesen und dann kritisieren.

Zuerst möchte ich zusammenfassen, wo überhaupt die Meinung herkommt, dass man keinen Running Back in der ersten Runde draften sollte.

Von 2009 bis 2012 wurden insgesamt zehn RBs in der ersten Runde gedraftet: Knowshon Moreno, Donald Brown, Beanie Wells, C.J. Spiller, Ryan Mathews, Jahvid Best, Mark Ingram, Trent Richardson, Doug Martin und David Wilson. Klar, Ingram ist ein wichtiger Spieler für die Saints, aber war er einen Erstrundenpick wert?

Zu der gleichen Zeit sah man den Erfolg vieler RBs, die nach der ersten Runde gedraftet wurden: Frank Gore (3. Runde 2005), Maurice Jones-Drew (2. Runde 2006), Matt Forte, Ray Rice (beide 2. Runde 2008), Jamaal Charles (3. Runde 2008), LeSean McCoy (2. Runde 2009), DeMarco Murray (3. Runde 2011), Lamar Miller (4. Runde 2012) und Alfred Morris (6. Runde 2012).

Die NFL schien daraus eine Lektion gelernt zu haben – in 2012 und 2013 wurde kein RB in der ersten Runde gedraftet. Dennoch kamen unter anderem Le’Veon Bell, Carlos Hyde und Devonta Freeman in die Liga.

Schauen wir uns jetzt die aktuellen Statistiken an: Unter den Top Ten der meisten Rushing Yards in dieser Saison findet man fünf RBs, die nach der ersten Runde (oder gar nicht) gedraftet wurden: Joe Mixon (2. Runde 2017), Chris Carson (7. Runde 2017), Derrick Henry (Runde 2 2016), Phillip Lindsay (undrafted 2018) und Nick Chubb (2. Runde 2018). Die vier Plätze außerhalb der Top Ten werden dazu belegt von James Conner (3. Runde 2017), Lamar Miller (4. Runde 2012), David Johnson (3. Runde 2015) und Jordan Howard (5. Runde 2016).

Was haben wir also alle gelernt? Running Backs in der ersten Runde stinken und man findet viele gute RBs in den späteren Runden. Dazu kommt natürlich noch der Faktor, dass die Liga immer passlastiger wird und RBs damit weniger wichtig für Offenses sind.

Warum denke ich dann, dass man immer noch Running Backs in der ersten Runde draften sollte?

Zum einen sind RBs immer noch wichtig genug, dass die Position an sich einen Erstrundenpick wert ist. Ein starkes Laufspiel macht es für die ganze Offense einfacher, Erfolg zu haben. Egal wie gut die Blocker sind, Spieler vom Kaliber Ezekiel Elliott, Todd Gurley oder David Johnson holen mehr heraus als der durchschnittliche 08/15-RB.

Dazu: Wie bei allen anderen Positionen ist es auch bei den RBs wahrscheinlicher, einen Superstar in der ersten Runde zu finden als später im Draft.

Ich hatte schon über die Top Ten in Rushing Yards dieser Saison geschrieben. Die Plätze eins bis drei werden belegt von Ezekiel Elliott, Saquon Barkley und Todd Gurley – nicht nur Erstrundenpicks, sondern sogar Top Ten Picks. Nach der zweijährigen Erstrundenpause für Running Backs wurden die folgenden Spieler in der ersten Runde gedraftet: Todd Gurley, Melvin Gordon, Ezekiel Elliott, Leonard Fournette, Christian McCaffrey, Saquon Barkley, Rashaad Penny und Sony Michel.

Penny hatte ein enttäuschendes erstes Jahr, Michel musste sich mit Verletzungen herumschlagen und Fournette ist gerade im Dog House, aber außer Penny und Michel hat jeder dieser RBs mindestens eine 1000-Laufyard-Saison. Michel hätte dazu vermutlich auch eine, wenn er diese Saison durchgespielt hätte (931 Rushing Yards in 13 Spielen). Man könnte also bei 8 von 9 Spielern von einem Erfolg sprechen (oder 7 von 9 je nachdem, wie die Fournette-Situation ausgeht). Das ist eine recht hohe Trefferquote.

Wie sieht es bei den Running Backs nach der ersten Runde aus?

Im gleichen Zeitraum (seit 2015) wurden insgesamt 86 Running Backs gedraftet, 78 davon nach der ersten Runde. Von denen sind Starter (bzw. wichtige Rotationsspieler): David Johnson, Jay Ajayi, Derrick Henry, Jordan Howard, Alex Collins, Dalvin Cook, Joe Mixon, James Conner, Alvin Kamara, Kareem Hunt (ich zähle ihn hier mal mit), Tarik Cohen, Marlon Mack, Aaron Jones, Chris Carson, Nick Chubb, Kerryon Johnson und Nyheim Hines. Das ist eine Trefferquote von 17 aus 78 oder 9 aus 78, wenn man das 1000-Laufyard-Kriterium nimmt (hierbei zähle ich Kamara und Cohen mit, weil sie extrem viele Receiving Yards erzielen).

Zusammengefasst, haben 77,8 % der seit 2015 in der ersten Runde gedrafteten Running Backs mindestens eine Saison mit 1000 Rushing Yards erzielt und ein weiterer (Sony Michel) ist in seinem ersten Jahr nur knapp darunter geblieben. Von den RBs aus den späteren Runden haben nur 11,5 % das geschafft und nur 21,8 % nehmen in ihrer Offense eine entscheidende Rolle ein.

Natürlich ist diese Analyse nur sehr oberflächlich und ich könnte noch viel tiefer ins Detail gehen, einzelne Fälle genauer betrachten, die „Erfolgsquote“ genau nach Draftrunde betrachten, die hohe Verletzungsanfälligkeit/geringe Karrieredauer und vieles mehr, aber dafür fehlt mir heute leider die Zeit.

Nichtsdestotrotz lässt sich feststellen, dass (zumindest in der aktuellen „Draftkultur“) man in der ersten Runde mit hoher Wahrscheinlichkeit einen Running Back bekommt, der in der NFL Erfolg haben wird. Je später man im Draft kommt, desto geringer wird die Wahrscheinlichkeit dafür – so wie es auch bei allen anderen Positionsgruppen der Fall ist.