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Draftrückblick 2014: Tennessee Titans

Weiter geht unser Draftrückblick heute mit den Tennessee Titans. Diese haben 2013 eine recht durchschnittliche Saison hingelegt, in der sie sieben Siege bei neun Niederlagen erreichten. Aufgrund der scheinbaren Stagnation des Teams wurde dann Anfang des Jahres Head Coach Mike Munchak mit seinem Trainerstab entlassen und durch Ken Whisenhunt ersetzt. Als neuer Defensive Coordinator wurde Ray Horton geholt, woraufhin ein Wechsel des Defensivsystems hin zu einer 3-4 bevorsteht. In der ersten Runde des Drafts hielten die Titans den elften Pick.

 

Mit diesem wählten sie OT Taylor Lewan von Michigan. Dieser Pick schreit nach BPA (best player available), denn auf der Tackle-Position haben die Titans bereits zwei Starter unter Vertrag. Michael Roos gibt seit er 2005 gedraftet wurde einen sehr guten Starter als Left Tackle, während man in der Free Agency viel Geld ausgegeben hat, damit Michael Oher den Right Tackle spielt. Direkt nach dem Pick von Lewan kamen Gerüchte auf, dass die Titans Oher direkt wieder loswerden wollen, ich halte es aber wahrscheinlicher, dass Lewan als Nachfolger von Roos aufgebaut werden soll. Roos wird im Herbst 32 Jahre alt und sein Vertrag läuft nach der Saison aus. Entsprechend kann Lewan in Nashville langsam aufgebaut werden, sich zunächst mit Oher um den Platz rechts in der Line streiten und im kommenden Jahr sind die beiden zusammen die Starter. Lewan ist ein sehr guter Tackle-Prospect, der eine ordentliche Nastiness, aber auch schnelle Füße mitbringt. Er kann sowohl rechts als auch links spielen, ohne dass man als Coach Sorgen haben muss. Auf lange Sicht sollte dies ein sehr guter Pick für die Titans sein.

 

In der zweiten Runde tradeten die Titans zunächst runter und bekamen dafür die Zweit- und Viertrundenpicks der Eagles. Mit dem Pick in der zweiten Runde zogen sie dann RB Bishop Sankey von Washington. Nach der Entlassung von Chris Johnson war relativ klar, dass die Titans früh einen Running Back ziehen würden und Sankey war der erste RB, der im Draft gezogen wurde. Sankey ist ein kleiner, dynamischer, wendiger Runner, der auch im Passspiel gut eingesetzt werden kann, als Blocker oder als Receiver. Allerdings gab es andere Backs, die ich vor ihm gezogen hätte, weil mir ein Stück weit die Upside bei ihm fehlt. Ich glaube, dass er ein solider bis guter Starter in der NFL sein kann, der Jahr für Jahr seine 1.000 Yards erzielt, es hätte aber andere Spieler mit spezielleren Fähigkeiten gegeben, die vermutlich größeren Erfolg in der NFL haben werden. Sankey scheint ein wenig die Variante „sicher“ zu sein, was mir an dieser Stelle nicht so gefällt.

 

In der dritten Runde hatten die Titans keinen Pick (sie haben ihn im letzten Draft an die 49ers abgegeben), deshalb ging es für sie mit zwei Picks in der vierten Runde weiter. Mit dem ersten holten sie sich DT DaQuan Jones von Penn State. Jones war einer der besten Laufverteidiger unter den Defensive Linemen in diesem Draft, in Sachen Pass Rush hat er aber noch viel Luft nach oben. Bei den Titans wird er vermutlich als Defensive End auf der Five-Technique spielen, wo es seine Hauptaufgabe sein wird, Löcher zu stopfen und Blocker zu beschäftigen. Am College hat er bereits gezeigt, dass er das gut kann und ich kann mir vorstellen, dass er bereits in seinem Rookie-Jahr viel Einsatzzeit sehen wird.

 

Mit dem zweiten Pick in der vierten Runde wählten die Titans S Marqueston Huff von Wyoming. Ich hatte vor dem Draft nicht die Möglichkeit, Huff genauer  zu scouten, kann daher nur sagen, dass er vom College die Vielseitigkeit mitbringt, Cornerback und Safety zu spielen. Im Gegensatz zu anderen Positionen sah das Defensive Backfield der Titans in der letzten Saison recht gut aus. Der Abgang von Alterraun Verner zu den Buccaneers könnte im Idealfall durch den letztjährigen Drittrundenpick Blidi Wreh-Wilson aufgefangen werden. So wäre es zunächst Huffs Aufgabe, dem Backfield Tiefe zu geben und in den Special Teams zu spielen.

 

In der fünften Runde zogen die Titans ILB Avery Williamson von Kentucky, einen intelligenten Linebacker, der Christian sehr gefallen hat. Ihre Sechst- und Siebtrundenpicks gaben die Titans an die Redskins ab, um zu Beginn der sechsten Runde QB Zach Mettenberger von LSU auszuwählen. Mettenberger hätte von seinem Talent her in der ersten oder zweiten Runde weggehen können, ein Kreuzbandriss und vermutlich auch charakterliche Sorgen, von denen wiederholt berichtet wurde, sorgten für sein Abrutschen bis in die sechste Runde. Er ist kein beweglicher Quarterback, sondern ein klassischer Pocket Passer. Dabei bringt er aber einen sehr kräftigen Arm mit und hat in seinem letzten College-Jahr viele gute Entscheidungen getroffen. Dazu hat er sich von 2012 zu 2013 in seinem Spiel unglaublich weiterentwickelt, was zum einen an der Ankunft vom neuen Offensive Coordinator Cam Cameron, zum anderen aber auch an seiner eigenen Arbeitsmoral liegen dürfte. Dementsprechend hatte ich nicht mit so einem weiten Abrutschen gerechnet. Head Coach Ken Whisenhunt hat in der Vergangenheit oft mit wurfstarken Quarterbacks zusammengearbeitet (Ben Roethlisberger, Kurt Warner, Philip Rivers – auch wenn er mit Rivers keine besonders vertikale Offense spielen ließ). Im Moment ist in Tennessee noch Jake Locker als Starter eingeplant, bisher konnte der ehemalige Erstrundenpick aber nicht überzeugen. Locker geht in sein letztes Vertragsjahr und wenn er zu Saisonbeginn keine guten Leistungen zeigt, würde es mich nicht überraschen, wenn Mettenberger irgendwann seine Chance als Starter bekommt.

 

Der Draft der Titans löst bei mir gemischte Gefühle aus. Es sind Picks dabei, die mir gut gefallen (Lewan, Jones, Williamson, Mettenberger), aber der Pick von Sankey trübt eben den Gesamteindruck. Im Podcast war ich mir noch nicht so sicher, was ich mit dem Lewan-Pick anfangen soll, aber je länger ich darüber nachdenke, desto besser gefällt er mir. Grundsätzlich wäre ich als Fan der Titans wohl zufrieden mit der Draftklasse, jetzt wird es davon abhängen, wie sich Locker (oder einer der anderen Quarterbacks) anstellt. Spannend wird es auch zu sehen, wie sich die Defense mit ihrer neuen Front anstellt, aber das ist ein anderes Thema.