Die Stars von morgen schon heute

Draftrückblick 2014: Oakland Raiders

Nur noch eine Division steht in unserem Draftrückblick aus und die wollen wir ab heute angehen. Es handelt sich um die AFC West, die letztes Jahr drei Teams in die Playoffs schickte. Der Westen scheint in beiden Conferences zu rocken. Beginnen wollen wir aber wie immer mit dem Team, das mit der schlechtesten Bilanz abschloss und das damit nicht in den Playoffs mitspielen durfte – den Oakland Raiders. Diese haben die Playoffs auch nicht nur knapp verpasst, sondern sind ordentlich weit vorbeigeschlittert mit einer Bilanz von 4-12. In einem Team voller Löcher war es fast schon überragend, dass sie überhaupt vier Siege erreichten. Obwohl man in der Free Agency so ziemlich alles einkaufte, was bei drei nicht auf den Bäumen war, konnten sie relativ offen in den Draft gehen. In der ersten Runde hatten sie den fünften Pick.

 

Mit diesem zogen sie OLB Khalil Mack von Buffalo. Mack ist ein extrem vielseitiger 3-4 Outside Linebacker, der es liebt, die gegnerische Offense zu zerstören. Mit den Free-Agency-Verpflichtungen von DE Antonio Smith und OLB LaMarr Wodley scheint es recht wahrscheinlich, dass die Raiders ihre Defense auf eine 3-4 umstellen wollen (wie Justin Tuck da reinpasst, wissen wohl nur die Raiders). Mack kann da der entscheidenden Spieler werden. Er ist ein sehr guter Pass Rusher, verteidigt aber auch gut gegen den Lauf und kann in Pass Coverage spielen. Er spielt immer mit hohem Einsatz und ist ein athletischer Sideline-to-Sideline Defender. Mit diesem Pick scheinen die Raiders nichts falsch gemacht zu haben, auch wenn Mack von einem eher kleinen College kommt. Er sollte die Defense direkt besser machen.

 

In der zweiten Runde wählten die Raiders QB Derek Carr von Fresno State. Carr, der jüngere Bruder von David, bleibt damit in Kalifornien und zieht nur an die Küste. Bei den Raiders wird er ein direkter Konkurrent von Matt Schaub, den man für den diesjährigen Sechstrundenpick von den Texans geholt hat. Entsprechend wird Carr nicht direkt starten müssen, sondern kann sich im Idealfall erst an die NFL gewöhnen, bevor er auf dem Spielfeld stehen muss. In Oakland wäre das auch keine so schlechte Idee. Die Offensive Line hat Jared Veldheer verloren und ist fast komplett neu zusammengewürfelt aus unterdurchschnittlichen NFL-Startern. Im Receiving-Korps ist James Jones die Nummer eins, nachdem man im letzten Jahr mit Spielern spielte, die in anderen Teams bestenfalls Backups sind. Die Situation könnte für einen Rookie-Quarterback klar besser sein, entsprechend könnte ihn das gleiche Schicksal ereilen wie seinen Bruder, der in einem schlechten Team dem Druck nicht standhalten konnte. Ähnliche Bedenken gibt es auch bei Derek Carr, der im Bowl Game gegen USC permanent unter Druck stand und komplett versagte. Von seinen Voraussetzungen her, seinem Wurfarm, seiner Passgenauigkeit, seinen Entscheidungen und seiner Athletik, kann er aber ein sehr erfolgreicher Quarterback in der NFL werden. Grundsätzlich hätte Carr auch in der ersten Runde weggehen können, das Bowl Game hat die Teams wohl davon abgehalten.

 

In der dritten Runde tradeten die Raiders runter. Sie bekamen den Dritt- und Viertrundenpick der Dolphins, die für Billy Turner (love this guy!) hochgetradet sind. Mitte der dritten Runde zogen die Raiders OG Gabe Jackson von Mississippi State. Jackson ist ein technisch sauberer und bei seiner Masse (336 lbs) erstaunlich beweglicher Guard. Bei seiner Masse würde ich mir aber mehr Push im Run Game wünschen, dafür ist er aber sehr gut in Pass Protection. Ich will in der Offensive Line der Raiders nicht genau ins Detail gehen, aber gerade auf den Guard-Spots waren eigentlich alle Spieler, die zum Einsatz kamen, scheiße. Man hat in der Free Agency bereits Kevin Booth von den New York Giants geholt, aber wer deren Offensive Line letztes Jahr gesehen hat, weiß dass sie auch scheiße war. Dementsprechend sollte Jackson direkt zum Starter aufsteigen und ich fand diesen Pick sehr stark, schließlich hatte ich ihn zu Beginn der zweiten Runde auf meinem Board.

 

Mit ihrem Pick in der vierten Runde entschieden sich die Raiders für NT Justin Ellis von Louisiana Tech. Ein weiterer Wink mit dem Zaunpfahl, dass man in der kommenden Saison mit einer 3-4 Defense antreten möchte, auch wenn immer wieder Berichte aufkommen, dass man an der 4-3 festhalten will. Warum holen sie dann so viele Spieler für eine 3-4? Aber egal. Ellis kam Christian und mir an dieser Stelle deutlich zu früh. Wir beide hatten ihn erst Anfang der sechsten Runde auf dem Board. Er ist zwar fett (334 lbs) und besitzt schnelle, aktive Füße, mehr Positives weiß ich aber nicht zu berichten. Er ist nicht übermäßig kräftig oder athletisch und er hat relativ kurze Arme, die er dazu viel zu schlecht einsetzt. Auch wenn er ein paar gute Voraussetzungen hat, ist sein Weg zum NFL-Erfolg noch so lang, dass er unserer Meinung nach erst später hätte gewählt werden sollen.

 

Mit dem Pick der Dolphins in der vierten Runde wählten die Dolphins CB Keith McGill von Utah. Auf meinem Board saß er in der dritten Runde, da wusste ich aber noch nichts über die Berichte bezüglich seiner schlechten Arbeitseinstellung. Er ist ein sehr großer Cornerback (6‘3‘‘) und mit seiner Sprungkraft ist er bei Jump Balls kaum zu schlagen. Dafür ist er aber hüftsteif, nicht besonders explosiv, bereits 25 Jahre alt und gegen den Lauf verteidigt er nicht so gerne. Sein Tackling ist noch sehr ausbaufähig, genauso wie seine Übersicht und seine Fanghände. Er spielt gerne physisch und ist ideal für Press Coverage geeignet. Auch in der Secondary haben die Raiders in der Free Agency eingekauft. Mit Tarell Brown und Carlos Rogers kamen zwei Cornerbacks aus San Francisco. Brown war bei den 49ers aber nie ein unangefochtener Starter und Rogers ist mit seinen 32 Jahren (Happy Birthday, wenn wir schon dabei sind) nicht mehr so stark, wie er es früher war. D.J. Hayden zog man letztes Jahr in der ersten Runde, seitdem ist er aber gefühlt durchgehend verletzt. Bei den Cornerbacks ist also kein Posten wirklich fest vergeben und alles in der Schwebe. McGill könnte entsprechend eher früher als später seine Einsatzzeit bekommen.

 

In der fünften und sechsten Runde hatten die Raiders keine Picks, weil sie die beiden für die Quarterbacks Matt Flynn (Seahawks) und Matt Schaub (Texans) abgegeben hatten. Es wäre ja auch kein typischer Raiders-Draft, wenn nicht schon vorher mehrere Picks für Quarterbacks draufgegangen wären. In den vergangenen drei Drafts (2012-2014) haben die Raiders insgesamt acht Draft Picks in Quarterbacks investiert, sei es für Trades oder eben das Picken des Spielers gewesen. Die Quarterbacks waren:

Carson Palmer (jetzt Cardinals, für ihn bekamen sie immerhin einen besseren Pick 2013 und einen Siebtrundenpick 2014 zurück),

Terrelle Pryor (für den sie nächstes Jahr einen Siebtrundenpick von den Seahawks bekommen),

Jason Campbell (spielte inzwischen für die Bears und Browns, steht jetzt bei den Bengals unter Vertrag),

Tyler Wilson (wurde als Viertrundenpick noch vor der ersten Saison wieder entlassen, jetzt bei den Titans),

Derek Carr (siehe oben),

Matt Flynn (wurde auch während seiner ersten Saison wieder entlassen, jetzt bei den Packers),

Matt Schaub (siehe auch oben).

Wenn etwa ein Drittel der Draft Picks für eine Position draufgeht, bei der es nur einen Starter braucht, muss man sich nicht wundern, wenn es nicht bergauf geht. Aber genug mit dem Raiders-Bashing, kommen wir wieder zum Draft.

 

In der siebten Runde hatten die Raiders drei Picks, die sie in CB Travis Carrie von Ohio, DE Shelby Harris von Illinois State und S Jonathan Dowling von Western Kentucky investierten. Carrie soll Berichten zufolge ein guter Returner sein, Dowling ist ein überaggressiver und daher unzuverlässiger Safety, der aber eine gute Größe und Athletik mitbringt.

 

Der Draft der Raiders gefällt mir erstaunlich gut, wobei das „erstaunlich“ sich darauf bezieht, wie das Team in der jüngeren Vergangenheit gedraftet hat. Vier der ersten fünf Picks (den Ellis-Pick ausgenommen) sagen mir vom Spieler, vom Need und der Range her absolut zu. Jackson in der dritten Runde könnte meiner Meinung nach ein echter Steal sein. Als Fan der Raiders wäre ich entsprechend zufrieden mit dem neuen Material.