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Draftrückblick 2014: Kansas City Chiefs

Unser Draftrückblick geht weiter durch die AFC West und ist bei den Kansas City Chiefs angekommen. Diese erreichten zwar den zweiten Platz in der Division, schieden dann aber in der ersten Runde gleich gegen die Colts in einem irren Spiel aus. Nachdem die Defense zu Saisonbeginn bärenstark aussah, begann sie im Saisonverlauf, gegen stärkere Gegner, immer mehr zu bröckeln. Besonders schwerwiegend war zum Ende der Saison hin der Ausfall von Pass Rusher Justin Houston, er in elf Spielen elf Sacks erzielen konnte. In der ersten Runde des Drafts hatten die Chiefs den 23. Pick.

 

Mit diesem wählten sie OLB Dee Ford von Auburn. Am College hat er als Defensive End in einer 4-3 Defense gespielt, in der 3-4 der Chiefs wird er ein Outside Linebacker sein. Er ist etwas kleiner (6‘2‘‘) mit recht kurzen Armen und lebte am College von seiner Antrittsschnelligkeit. Technisch wurde bisher nicht viel von ihm erwartet, da er als Left End gegen die eher langsameren und hüftsteiferen Right Tackles der Offense antrat. Mit seiner Explosivität vom Snap weg, kam er schnell beim Quarterback an, während seine Gegenspieler noch dabei waren, ihre Füße zu sortieren. In der NFL wird er es nicht so einfach haben. Er muss noch sehr an seiner Technik, seinen Pass Rush Moves arbeiten, will er in der NFL ein erfolgreicher Pass Rusher sein. Dazu wird er lernen müssen, in Coverage zu spielen, was er am College nicht gemacht hat. Auch wenn er eine sehr starke Athletik besitzt, ist Ford im Moment ein sehr eindimensionaler Pass Rusher, der zusätzlich etwas klein geraten ist. Daher kam mir der Pick in der ersten Runde klar zu früh. In Kansas City wird er zunächst nur den Backup hinter Tamba Hali und Justin Houston geben, allerdings zieht man keinen Spieler in der ersten Runde, wenn man denkt, dass er auf lange Sicht immer ein Backup bleiben wird. Im nächsten Jahr läuft der Vertrag von Houston aus. Die Chiefs haben nicht besonders viel Cap Space, weshalb man wohl entweder den Vertrag mit Houston nicht verlängern will oder dann den mit Hali auflösen möchte. Halis Vertrag läuft in zwei Jahren aus und die Chiefs würden bei seiner Entlassung neun Millionen Dollar unter der Salary Cap sparen. Da Hali in der kommenden Offseason 31 Jahre alt sein wird, halte ich das zweite Szenario für deutlich wahrscheinlicher.

 

In der zweiten Runde hatten die Chiefs keinen Pick, da sie ihn für QB Alex Smith an die 49ers abgegeben hatten (zusammen mit dem Zweitrundenpick aus 2013). In der dritten Runde zogen die Chiefs CB Phillip Gaines von Rice. Gaines ist ein sehr athletischer Cornerback mit einer guten Größe (6‘0‘‘), der eine Menge Upside mitbringt. Gegen den Lauf ist er nicht der beste Verteidiger, was hauptsächlich an seiner Übersicht liegt. Er ist zu sehr auf seinen direkten Gegenspieler konzentriert und bekommt nicht mit, was der Rest der Offense macht. Ebenso könnten seine Fanghände besser sein, er hätte die eine oder andere Interception mehr fangen können. Allerdings ist er ein sehr flexibel einsetzbarer Cornerback, der in Press-Man, Off-Man oder Zone Coverage spielen kann und eben die bereits erwähnte Upside besitzt. In der dritten Runde war das ein wirklich guter Pick. Die Chiefs haben sich in dieser Offseason von den Cornerbacks Dunta Robinson und Brandon Flowers getrennt. In der Free Agency haben sie Chris Owens verpflichtet, der einen soliden Slot-Cornerback geben könnte. Um den Platz gegenüber von Sean Smith wird aber Gaines kämpfen können.

 

In der vierten Runde entschieden sich die Chiefs für RB De’Anthony Thomas von Oregon. Offiziell wird er als Running Back aufgeführt, dabei ist er weder das noch ein Wide Receiver – er ist eine Art Zwischending. Zu leicht und kraftlos für einen Running Back, zu klein und in seinen Skills unterentwickelt für einen Receiver. Das mit den Skills kann mit gutem Coaching hingebogen werden, nichtsdestotrotz wird aus ihm vermutlich nie ein „richtiger“ Slot-Receiver. Bei den Chiefs ist relativ klar, dass Thomas den zu den Titans abgewanderten Dexter McCluster ersetzen soll. McCluster ist zwar der kräftigere Spieler, dafür ist Thomas nochmal schneller und dynamischer. Er wird sich vermutlich mal im Slot, mal im Backfield aufstellen und der Plan wird sein, ihn mit dem Ball ins Open Field zu bekommen, damit er seine Gegenspieler aussteigen lassen kann. Dazu wird er wohl als Returner eingesetzt. An diesem Pick gibt es in der vierten Runde von mir nichts zu meckern.

 

In Runde fünf fiel die Wahl der Chiefs auf QB Aaron Murray von Georgia. Wenn er von seinem Kreuzbandriss zurückkommt, sollte er der ideale Backup-Quarterback für die Chiefs sein. In seiner Spielweise erinnert er sehr an Alex Smith. Er hat keinen Raketenarm, aber genug Kraft, um alle nötigen Würfe zu machen. Er kommt eher über schnelles Kurzpassspiel, wie die Chiefs es auch hauptsächlich zelebrieren. Murray ist ein intelligenter Spieler mit einer guten Genauigkeit in seinen Pässen. Ich hatte ihn in der dritten Runde auf meinem Board, entsprechend gut finde ich diesen Pick.

 

Danach hatten die Chiefs noch zwei Picks in der sechsten Runde, die sie in OG Zach Fulton von Tennessee und OT Laurent Duvernay-Tardif von McGill investierten. Die Tennessee Volunteers hatten in den letzten Jahren eine große, böse und gute Offensive Line, in der Fulton ein Starter war. Duvernay-Tardif kommt aus Kanada, hat noch nie in den USA gespielt und hat entsprechend noch sehr viel zu lernen. Er bringt aber hervorragende körperliche Voraussetzungen mit und gilt als sehr intelligent (in seinem Medizinstudium soll er nur Bestnoten bekommen). Je dichter der Draft kam, desto mehr Scouts haben sich in ihn verliebt.

 

Zwei Dinge stören mich am Draft der Chiefs. Zum einen der Pick von Dee Ford in der ersten Runde, zum anderen die Tatsache, dass man erst in der sechsten Runde Spieler für die Offensive Line gezogen hat. Der Pick von Ford macht bei der Vertragssituation von Hali und Houston Sinn, aber DeMarcus Lawrence halte ich für einen deutlich besseren Spieler. Dazu hätte man an 23 einen sehr guten Spieler für die Offensive Line finden können. In Jon Asamoah, Brandon Albert und Geoff Schwartz haben die Chiefs ihre drei besten Offensive-Line-Spieler der vergangenen Saison verloren. Als Ersatz kamen Jeff Linkenbach und J’Marcus Webb, die beide als Starter in der NFL bisher eher versagt haben. Dazu sollen Donald Stephenson und Jeff Allen von ihren Backup- in Starter-Rollen rutschen. Beide Spieler haben bisher aber enttäuscht, wenn sie ihre Chance bekamen. Hinter dieser Offensive Line, sehe ich die Offense in sich zusammenbrechen und egal wie gut die Defense aussieht, kann ich mir gut vorstellen, dass man nächstes Jahr wieder in den Top Ten pickt. Sieht man aber vom ersten Pick ab, gefällt mir der Draft der Chiefs sehr gut. In Gaines können sie einen Steal gelandet haben, Thomas kann eine gefährliche Waffe werden. Vielleicht kann einer der Sechstrundenpicks über sich hinauswachsen und der Offensive Line Stabilität verleihen.