Die Stars von morgen schon heute

Draftrückblick 2014: Houston Texans

Die wilde Fahrt unseres Draftrückblicks geht weiter durch die NFL und sie ist in der AFC South angekommen. Dort beginnen wir, wie immer, mit dem letztplatzierten Team, den Houston Texans. Diese waren als heißer Anwärter auf den Super Bowl ins letzte Jahr gestartet, nur um extrem zu enttäuschen und die schlechteste Bilanz aller NFL-Teams hinzulegen. Es gab dafür nicht nur den ersten Pick im Draft sondern auch noch einen neuen Trainerstab um den neuen Head Coach Bill O’Brien obendrauf.

 

Es war lange diskutiert worden, ob die Texans den besten Spieler des Drafts oder einen Quarterback nehmen sollten. Quarterback war nach dem sehr schwachen Jahr von Matt Schaub und dessen Entlassung ein sehr großer Need, denn mit Ryan Fitzpatrick hatte man sich einen bestenfalls durchschnittlichen Starter ins Boot geholt. Man entschied sich dann aber doch für den besten Spieler des Drafts, OLB Jadeveon Clowney von South Carolina. Am College hat er als Defensive End gespielt, bei den Texans wird er aber als Outside Linebacker in der 3-4 Defense auflaufen. Es wird für ihn eine Umstellung, da er nun auch von Zeit zu Zeit in Coverage droppen muss. Das sollte für einen so talentierten Spieler wie Clowney kein Problem darstellen. Vielerorts wird er als Jahrhunderttalent beschrieben, ein Spieler, den es nur einmal in einer Generation gibt. Und tatsächlich gibt es von meiner Seite keine wirklichen Argumente dagegen. Am College hat er seine Gegner nach Belieben dominiert, hat gegnerische Quarterbacks und Running Backs zur Verzweiflung gebracht, wenn er auf einmal vor ihnen auftauchte und die Offensive Coordinators an der anderen Seitenlinie mussten ihre Strategie gegen South Carolina komplett umstellen, um seinen Einfluss auf das Spiel zu minimieren. So kam es dann auch, dass er in der letzten Saison etwas enttäuschte. Er musste sich mit ein paar Verletzungen herumschlagen, ihm wurde mangelnder Einsatz und ein zweifelhafter Charakter vorgeworfen. Ich beharre aber weiterhin auf dem Standpunkt, dass er nur durch hartes Training ein technisch so guter Pass Rusher geworden ist und vom ersten zum zweiten College-Jahr hat er nochmal einen großen Sprung nach vorne, gerade in seiner Run Defense, gemacht. Er sollte auch in der NFL ein dominanter Spieler werden, an dem die Texans lange ihre Freude haben werden. Mit ihm auf einer Seite und J.J. Watt auf der anderen, können sich gegnerische Offenses schon mal warm anziehen.

 

Zu Beginn der zweiten Runde wurde ihnen der Quarterback Teddy Bridgewater direkt vor der Nase weggeschnappt. So war die heißdiskutierte Frage, ob die Texans nach dem enttäuschenden David Carr nun seinen jüngeren Bruder Derek als Quarterback ziehen würden. Nein, taten sie nicht. Sie entschieden sich für OG Xavier Su’a-Filo von UCLA. Su’a-Filo ist ein bereits 23 Jahre alter Junior (hat zwei Jahre als Missionar gearbeitet), der gerade in seiner Kraft und auch seiner Technik noch recht unterentwickelt ist. Dafür ist er aber sehr beweglich, was in dem Zone-Blocking Scheme der Texans sehr gut passen sollte. Er bringt eine schöne Nastiness mit und finisht seine Blocks oft gut. Dabei muss er aber aufpassen, dass er nicht overextended. Die Offensive Line der Texans galt vor zwei Jahren noch als die beste in der NFL, im letzten Jahr konnten sie aber nicht mehr überzeugen. Einer der großen Schwachpunkte war Left Guard Wade Smith, dessen Vertrag ausgelaufen ist. An seiner Stelle könnte Su’a-Filo direkt als Starter reinkommen.

 

Mit dem ersten Pick der dritten Runde zogen die Texans TE C.J. Fiedorowicz von Iowa. Fiedorowicz ist ein Tight End der „alten Schule“ – in erster Linie ein sehr guter Blocker, danach erst ein Receiver. Allerdings weiß er aber auch mit seinen sehr sicheren Fanghänden und einem guten Route Running zu bestehen. Er ist kein überragender Athlet, kann sich aber für kurze Zeit oft freilaufen und auch nach dem Catch noch etwas Boden gutmachen. Er bringt nicht die überragende Upside anderer Tight Ends in diesem Draft mit, sollte sich aber zu einem soliden bis guten Tight End in der NFL entwickeln und sich lange in der Liga halten. Die Texans haben in der Free Agency Owen Daniels, ihren langjährigen Starter auf Tight End ziehen lassen, der zuletzt immer wieder mit Verletzungen zu kämpfen hatte. Fiedorowicz sollte die entstandene Lücke schließen können und eine zuverlässigere Option im Pass- und Laufspiel (als Blocker) bieten.

 

Mitte der dritten Runde gaben die Texans dann ihren Viert- und Fünftrundenpick an die Eagles ab, um NT Louis Nix III von Notre Dame zu draften. Christian und ich sahen Nix in der ersten Runde, Berichten zufolge ist er bis in die dritte Runde gefallen, weil vielen Teams nicht gefiel, wie aktiv er bei Twitter agiert. Die Texans könnte das freuen. Von seinem Talent her kann Nix ein sehr guter Nose Tackle in der NFL werden. Allerdings hat er sein Potential bei Notre Dame zu oft nur angedeutet und nicht immer Vollgas gegeben. Er hat technisch noch an einigen Dingen zu arbeiten, seine Kraft und Athletik ist für einen Spieler seiner Größe beeindruckend.  Bei den Texans kann er direkt die Lücke schließen, die durch den Abgang von Starter Earl Mitchell (zu den Dolphins) entstanden ist.

 

Am Ende der vierten Runde hatten die Texans einen Compensatory Pick, mit dem sie „endlich“ einen Quarterback zogen – Tom Savage von Pittsburgh. Savage wechselte von College zu College, immer auf der Flucht vor Situationen, in denen er nicht der klare Starter war und immer am Aussetzen aufgrund der Transfer-Regeln der NCAA. Im letzten Jahr hat er dann auch mal wieder spielen dürfen. Vor dem Draft bekam er von manchen Draft-Schreibern sogar Erstrunden-Hype ab, Christian und ich waren nie so begeistert von ihm. Zu viele technische Unsauberkeiten hat er in seinem Spiel, die es zu korrigieren gilt, bevor er ein effektiver NFL-Starter sein kann. In Houston wird er aber auch nicht von Beginn an starten müssen, da eben Fitzpatrick da ist und dieser auch schon Coach O’Brien als Starter bestätigt wurde. Sollte dieser aber irgendwann in der Saison enttäuschen und Savage ins kalte Wasser geworfen werden, kann es für ihn ganz böse enden und die Texans schauen sich nächstes Jahr wieder nach einem neuen Quarterback um. Savage bringt aber alle Fähigkeiten (kräftiger Wurfarm, gute Athletik und Größe) mit, um irgendwann ein Starter in der NFL zu sein.

 

In den Runden sechs und sieben zogen die Texans noch DE Jeoffrey Pagan von Alabama, RB Alfred Blue von LSU, FB Jay Prosch von Auburn, CB Andre Hal von Vanderbilt und FS Lonnie Ballentine von Memphis.

 

„Der“ Quarterback scheint in dem Draft zu fehlen, denn es bleibt abzuwarten, ob Savage einen vernünftigen Starter abgeben kann. Aber an Clowney an erster Stelle kann man kaum rütteln, ein zu spezielles Talent ist er. Man hätte am Ende der ersten Runde sicher versuchen können, ebenfalls hochzutraden, um Bridgewater oder sogar Manziel zu bekommen, nachdem die beiden vom Board waren, kann ich aber verstehen, dass man nicht Carr genommen hat. Nicht weil Carr ein schlechter Spieler ist, sondern, nach der Vorgeschichte mit seinem Bruder. So hat man daran gearbeitet, die Offense um den Quarterback herum zu verbessern. Su’a-Filo und Fiedorowicz sollten dabei sofort helfen, die Offense besser zu machen. Dazu hat man die Front Seven der Defense mit Clowney und Nix extrem gut verstärkt. Nach dem Pick von Nix las ich einen Tweet (von wem und den exakten Wortlaut weiß ich nicht mehr): „only need to put 2 blockers against Nix, 2 against Clownay and 3 against Watt“. So in etwa könnte es aussehen. Entsprechend kann ich kaum meckern bei diesem Draft. Su’a-Filo hatte ich nicht als besten Guard auf meinem Board, aber er ist der beste Zone-Blocker in diesem Draft und anstelle von Savage hätte ich auch einen anderen Quarterback gezogen, aber ich hatte ihn auch in der vierten Runde gerankt. Es wäre jetzt fast ideal für die Texans, in der kommenden Saison wieder zu enttäuschen, um so einen guten Quarterback zu bekommen. Sie scheinen im Moment nur einen guten Spielmacher von den Playoffs und mehr entfernt zu sein.