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Draftrückblick 2014: Green Bay Packers

Die Green Bay Packers sind in der letzten Saison als letztes Team in der NFC in die Playoffs gerutscht. In einer von Verletzungen und Enttäuschungen geprägten NFC North konnten sie am Ende den ersten Platz erreichen, mit einer Bilanz von 8-7-1. In den Playoffs scheiterten sie allerdings gleich im ersten Spiel an den 49ers, weshalb sie als erstes Playoff-Team an 21. Stelle picken durften.

 

Dort entschieden sie sich für S Ha’Sean „Ha Ha“ Clinton-Dix von Alabama. Er war aus meiner Sicht der beste Safety in dieser Draftklasse und auf jeden Fall der vielseitigste. Er ist ein guter, wenn auch nicht überragender Athlet, und glänzt vor allem mit seinen Instinkten und seiner Spielintelligenz. Er ist ein sicherer Tackler und auch in Coverage sehr gut, egal ob Man oder Zone. Es hat mich gewundert, dass er im Draft so weit gefallen ist, aber die Packers wird es gefreut haben. Schon seit einiger Zeit suchen sie nach besseren Spielern für die Safety-Position und nun haben sie zumindest einen gefunden. Es würde mich sehr wundern, wenn Clinton-Dix nicht sofort zum Starter aufsteigt.

 

In der zweiten Runde wählten die Packers WR Davante Adams von Fresno State. Am College war er die beste Anspielstation von QB Derek Carr, der nun bei den Oakland Raiders spielt. Er wird sich zunächst daran gewöhnen müssen, in einer Pro-Style Offense zu spielen, da die Bulldogs in ihrer Offense mit sehr vielen Screen-Pässen gearbeitet haben. Entsprechend ist er, was Route Running betrifft, noch sehr unreif. Auf der anderen Seite ist er ein kräftiger Spieler mit sicheren Fanghänden, der auch nach dem Catch mit seiner Übersicht und Athletik Boden gutmachen kann. Mit seiner physischen Spielweise sollte er in der NFL gut zurechtkommen. Er wird vermutlich als dritter Receiver hinter Jordy Nelson und Randall Cobb beginnen, in der Rolle, die zuletzt James Jones innehielt. Mit der Zeit sollte er sich aber mehr und mehr Spielzeit erarbeiten. Ein aus meiner Sicht sehr guter Pick, da ich Adams Ende der ersten Runde gesehen hatte.

 

In der dritten Runde zogen die Packers zunächst DT Khyri Thornton von Southern Miss. Ich hab mir Thornton nicht angesehen, aber Christian war nicht wirklich begeistert von ihm und hatte ihn deutlich tiefer auf dem Board. Es gilt aber festzuhalten, dass Thornton Upside in Form von Kraft und Athletik mitbringt – er muss „nur“ daran arbeiten, das auch aufs Feld zu bringen. In Green Bay wird er in der Rotation der Defensive Line seine Einsätze bekommen. Er soll wohl eine Alternative zu B.J. Raji darstellen, der zuletzt enttäuscht und im Frühjahr nur einen Einjahresvertrag bekommen hat.

 

Mit ihrem Compensatory Pick am Ende der dritten Runde tätigten die Packers ihren nächsten fragwürdigen Pick in TE Richard Rogers von California. Am College sah ich in ihm einen zu langsamen Receiving Tight End. Auch wenn er den Körperbau und die (nicht so gute) Athletik eines Blocking Tight Ends besitzt, hat er vom Blocken keine Ahnung. Nur aufgrund der Upside, dass er ein guter Blocker werden kann, hat mich dazu veranlasst, ihm eine „draftable“ Bewertung zu geben – in der siebten Runde. Der Pick roch ein bisschen nach Panik, nachdem die fünf besten Tight Ends im Draft weg waren und man noch dringend einen benötigte. Aus meiner Sicht hätte man dann aber einen besseren als Rogers finden können. Wenn undrafted Free Agent Colt Lyerla sein Leben in den Griff bekommt, könnte er schon eher die Lösung auf Tight End sein.

 

In der vierten Runde machten die Packers dann wieder mit besseren Picks weiter. Sie wählten OLB Carl Bradford von Arizona State. Dort spielte er als Pass Rusher in der 3-4 Defense der Sun Devils – allerdings wenig erfolgreich. Als regelmäßiger Pass Rusher ist er einfach zu kurz (6‘1‘‘ mit recht kurzen Armen) und technisch nicht gut genug ausgebildet, um das zu kompensieren. In „long yardage“-Situationen wurde er aber als Middle Linebacker eingesetzt, eine Position, die ihm klar besser lag. Entsprechend sollte davon auszugehen sein, dass er bei den Packers als Inside Linebacker aufgestellt wird. Dort sucht man in Green Bay schon länger nach einem Ersatz für A.J. Hawk, den man nie wirklich als guten Spieler bezeichnen konnte. Bradford wird bestimmt seine Chance bekommen.

 

In der fünften Runde zogen die Packers C Corey Linsley von Ohio State. Bei der Combine belegte er den zweiten Platz beim Bankdrücken. In der letzten Saison stand er in der Mitte einer der besten Offensive Lines im College Football. Bei den Packers ist nach dem Abgang von Evan Dietrich-Smith eine Lücke auf Center entstanden, die vom letztjährigen Rookie J.C. Tretter gefüllt werden soll. Tretter war letztes Jahr einer meiner Favoriten vor dem Draft und ich würde es ihm wünschen, dass er sich in Green Bay etabliert, aber es ist natürlich nicht sicher, dass er die Umstellung schafft, schließlich hat er am College Left Tackle gespielt. Linsley stellt daher eine sichere Alternative als Absicherung dar.

 

Mit ihrem Compensatory Pick am Ende der fünften Runde entschieden die Packers sich für WR Jared Abbrederis von Wisconsin. Als ehemaliger Walk-On musste er sich seinen Platz im Team hart erarbeiten und das sieht man auch auf dem Feld. Er ist technisch sehr gut ausgebildet, ein guter Route Runner mit sicheren Händen und einem hohen Spielverständnis. Dazu stellt er sich immer in den Dienst der Mannschaft, spielt immer mit hohem Einsatz und blockt gut im Laufspiel. Er ist körperlich und athletisch limitiert, aber nicht so weit, dass er ein schlechter Spieler wäre. Leider hat er sich am College schon einige Gehirnerschütterungen zugezogen, wodurch es schwierig ist, einzuschätzen, wie lange seine Karriere dauern wird. Dadurch ist er bis in die fünfte Runde gefallen. Wenn er aber gesund bleibt, haben die Packers hier einen Steal gelandet, denn ohne die Verletzungsgeschichte, wäre er vermutlich spätestens in der dritten Runde vom Board gegangen.

 

In der sechsten und siebten Runde wählten die Packers CB Demetri Goodson von Baylor und WR Jeff Janis von Saginaw Valley State. Goodson hatte nach der High School kurz mit dem Footballspielen aufgehört, sich 2011 aber umentschieden und den Baylor Bears angeschlossen. Er bringt gute körperliche Anlagen mit, ist aber schon etwas älter und am College war er regelmäßig verletzt. Ebenso unausgereift ist Janis, der eine gute Größe (6‘3‘‘) und Athletik (4,42 s über 40 Yards) mitbringt, aber noch lernen muss, wie man richtig Receiver spielt.

 

Abgesehen von der dritten Runde gefällt mir der Draft der Packers sehr gut. Die ersten beiden Picks hatten nach meinem Board sehr guten Value und auch bei den Picks ab der vierten Runde waren (wieder nach meinem Board) keine „Reaches“ dabei. Dazu kann Clinton-Dix eine Lücke füllen, die in Green Bay schon länger herrscht. Adams kann sich mit seinen Anlagen in einen dominanten Receiver entwickeln und die Picks in den späteren Runden bringen benötigte Tiefe. Dennoch muss man eben Punkte in der B-Note abziehen, weil die Landung in der dritten Runde misslungen ist.