Die Stars von morgen schon heute

Draftrückblick 2014: Detroit Lions

Weiter geht unser Draftrückblick in der NFC North mit den Detroit Lions. Nachdem Martin Mayhew und Jim Schwartz die Mannschaft von Grund auf neu aufgebaut hatten, kam vor zwei Jahren der Absturz mit einer Bilanz von 4-12, von dem man sich auch letztes Jahr nicht erholen konnte. Mit sieben Siegen bei neun Niederlagen wurden die Playoffs klar verpasst. Gerade das Saisonende mit sechs Niederlagen aus sieben Spielen verlief unglücklich. Im Anschluss wurde Schwartz entlassen und durch Jim Caldwell ersetzt. Caldwell, im Gegensatz zu Schwartz, kommt von der offensiven Seite des Balles und soll dabei helfen, Quarterback Matthew Stafford in die Reihen der elitären Spielmacher der NFL zu führen. In diesem Draft pickten sie zuerst an zehnter Stelle.

 

Dort tätigten sie einen etwas überraschenden Pick in TE Eric Ebron von North Carolina. Allerdings passt die Wahl zur Strategie, Stafford so gut wie möglich zu helfen. Die Lions haben in Calvin Johnson den besten Receiver der NFL (vielleicht sogar aller Zeiten), doch neben ihm war in der letzten Saison nicht viel los. Es gab keinen zweiten Receiver, der sich in den Vordergrund spielte und Tight End Brandon Pettigrew, der zusammen mit Stafford in der ersten Runde 2009 gezogen wurde, konnte die in ihn gesteckten Erwartungen nie erfüllen. In der Free Agency holte man WR Golden Tate aus Seattle und gab Pettigrew einen neuen Vierjahresvertrag (mit relativ wenig Handgeld, so dass man ihn in zwei Jahren schon wieder entlassen könnte). Momentan könnte die „Grundaufstellung“ die Lions in der Offensive so aussehen, dass man mit zwei Receivern (Johnson und Tate), zwei Tight Ends (Pettigrew und Ebron) und einem Running Back (Reggie Bush) spielt, mit „12 personnel“ also. Dabei wäre Pettigrew der Blocking Tight End (Bälle festzuhalten ist sowieso nicht seine Stärke) und Ebron der Receiving Tight End (Gegenspieler zu blocken ist sowieso nicht seine Stärke). Ebron wird sich vermutlich oft im Slot aufstellen und wie ein Receiver spielen, genauso wie er es am College oft getan hat und genauso wie Jimmy Graham es bei den Saints immer tut. Ebron bringt eine Menge an athletischem Potential mit, muss aber noch an sich arbeiten, um ein dominanter Spieler in der NFL zu werden. Er sollte seine Drops abstellen und lernen, richtige Routes zu laufen.

 

In der zweiten Runde tradeten die Lions dann nach oben. Sie gaben den Seahawks, die zu dem Zeitpunkt den Pick der Vikings hielten, ihren Zweit-, Viert- und Siebtrundenpick für den Zweitrundenpick der Vikings und den Fünftrundenpick der Raiders (der Matt Flynn sei Dank auch den Seahawks gehörte). Nach dem Trade wählten die Lions OLB Kyle Van Noy von BYU. DeAndre Levy und Stephen Tulloch, die beiden Linebacker, die letzte Saison fast durchgespielt haben (Tulloch verpasste sogar nur 4 Snaps), zeigten auch ansprechende Leistungen. Allerdings haben die Lions fast ausschließlich mit zwei gelernten Linebackern gespielt. Der neue Defensive Coordinator Teryl Austin könnte sich einen dritten gewünscht haben oder er könnte einen der beiden ersetzen wollen – es passt eben nicht jeder Spieler in jedes System. Van Noy hingegen ist sehr vielseitig. Es gibt kaum einen Aspekt des Linebacker-Spiels, den er nicht gut beherrscht. Auf der anderen Seite gibt es aber auch nur wenige Aspekte, in denen er mehr als gut ist. Es bleibt abzuwarten, ob er ein dominanter Spieler in der NFL werden kann, allerdings sollte er relativ sicher ein guter Spieler werden.

 

In Runde drei zogen die Lions C Travis Swanson von Arkansas. Das war ein Pick, der ein Stück weit vom Need bestimmt wurde. Dominic Raiola, seit 2002 der Starter in Detroit, ist mittlerweile 35 Jahre alt und hat vor der Saison einen Einjahresvertrag unterschrieben. So kann Swanson ein Jahr lang lernen und dann im kommenden Frühjahr als Starter in die Saisonvorbereitung gehen. Swanson ist ein sehr beweglicher Center mit seiner Stärke in Pass Protection. Im Laufspiel spielt er mit etwas wenig Power und landet zu oft auf dem Boden. Daran wird er noch arbeiten müssen, bevor er ein guter Center in der NFL sein wird.

 

In der vierten Runde wählten die Lions CB Nevin Lawson von Utah State. Er ist ein kleiner (5‘9‘‘), athletischer und aggressiver Slot Cornerback. Allerdings hat er es am College zu oft mit seiner Aggressivität übertrieben und wurde dann von Gegenspielern verbrannt. Er versuchte zu oft gegen körperlich überlegene Spieler körperlich dagegenzuhalten – was selten gut gegangen ist. Er wird lernen müssen, seiner (geringen) Größe angemessener zu spielen. Hinter Spielern wie Chris Houston, Rashean Mathis oder dem letztjährigen Zweitrundenpick Darius Slay wird er aber die Zeit haben, sich umzustellen, bevor er ins kalte Wasser geschmissen wird. Trotzdem hätte ich hier andere Cornerbacks Lawson vorgezogen.

 

Ebenfalls in der vierten Runde holten die Lions sich Verstärkung für die Defensive Line in DE Larry Webster von Bloomsburg. In der vierten Runde gingen die Lions mit ihm ein großes Risiko ein. Bis 2012 spielte Webster noch kein Football sondern Basketball. Er ist noch dabei die Position und den Sport insgesamt (auch wenn sein Vater in der NFL spielte) zu erlernen. Dazu kommt er aus der Division II und hat dort nur gegen unterklassige Konkurrenz gespielt. Auf der anderen Seite bringt er einen ideale Größe (6‘6‘‘ mit langen Armen) und eine starke Athletik mit, wie man sie nur selten findet. Neben Ziggy Ansah haben sie in Webster nun einen zweiten athletischen Freak als Pass Rusher. Wenn beide ihr Potential ausschöpfen können, können sich die Quarterbacks in der NFL schon mal warm anziehen.

 

In der fünften Runde tradeten die Lions zunächst runter, bevor die Wahl auf DT Caraun Reid von Princeton fiel – einer meiner absoluten Lieblingsspieler in diesem Draft. In der Ivy League, etwa auf einem Niveau mit der FCS, hat er komplett dominiert und gegnerische Offenses terrorisiert, wie es sonst nur Aaron Donald und Dominique Easley (wenn fit) in der FBS taten. Trotz der eher schwachen Konkurrenz wunderte es mich daher, dass er bis in die fünfte Runde abrutschte. Schließlich hatte er auch beim Senior Bowl gute Leistungen gezeigt. Die Lions wird es nicht stören. Reid ist mit seiner relativ geringen Größe (6‘2‘‘, 302 lbs.) weitestgehend darauf festgelegt, die Three-Technique zu spielen. Die Lions haben in Ndamukong Suh einen der besten Spieler auf dieser Position. Allerdings ist der „andere“ Defensive Tackle, Nick Fairley, von seinen Maßen her ähnlich zu Reid und seine Zukunft in Detroit ist noch unklar. Unter Umständen könnte Reid so mittelfristig in die Startaufstellung rutschen.

 

In der sechsten Runde zogen die Lions WR T.J. Jones von Notre Dame, der dort mit guter Atheltik, sicheren Fanghänden und gutem Route Running überzeugen konnte, aber noch sehr stark an seiner Physis arbeiten muss, um in der NFL nicht andauernd herumgeschubst zu werden. In der siebten Runde zogen die Lions K Nate Freese von Boston College, der in seinem letzten Jahr am College alle 20 seiner Field-Goal-Versuche versenken konnte, zwei davon aus über 50 Yards Entfernung.

 

Aus meiner Sicht war es ein vernünftiger Draft der Lions. Der Pick von Ebron kam überraschend, ist aber nachvollziehbar – jedoch ist er auch mit einem gewissen Risiko behaftet. Die Picks von Van Noy und Swanson waren solide und sollten dem Team mittelfristig helfen. Die Picks von Lawson und Webster kamen mir etwas zu früh, dafür haben die Lions in Reid und Jones zwei potentielle Steals gezogen. Freese sollte direkt der Kicker in Detroit werden.