Die Stars von morgen schon heute

Draftrückblick 2014: Baltimore Ravens

Weiter geht unser Draftrückblick mit den Baltimore Ravens. Nach dem Super-Bowl-Triumph kam im letzten Frühjahr der große Umbruch. QB Joe Flacco bekam seinen (zu) dicken Vertrag, während einige Altstars (Ray Lewis, Ed Reed) und Spieler, deren Rookie-Verträge ausliefen, das Team verließen. Entsprechend hatte man Lücken im Kader, die es in diesem Draft weiterhin zu füllen galt. Nach einer Bilanz von 8-8 hatten die Ravens in der ersten Runde den 17. Pick.

 

Dort entschied man sich für ILB C.J. Mosley von Alabama. Mosley ist ein guter, wenn auch nicht überragender Athlet, dafür ein fantastischer Footballspieler. Es gibt wohl Verletzungssorgen in Bezug auf seine Schulter, was dazu geführt haben könnte, dass er nicht früher gepickt wurde. Er besticht in erster Linie durch seine Spielintelligenz und seine Instinkte. Dazu ist er ein sicherer Tackler und Leader. Bei den Ravens könnte er die Nachfolge von Ray Lewis antreten, auch wenn dies große Fußstapfen sind, die er füllen soll. In der Mitte der Defense sind die Ravens im Moment recht gut aufgestellt. Daryl Smith, der letztes Jahr aus Jacksonville kam und überzeugen konnte, bekam einen neuen Vertrag und bereits letztes Jahr zog man in der zweiten Runde Arthur Brown, ein Spieler, der Christian und mir sehr gefiel. Auf lange Sicht sollen Mosley und Brown sicher die Starter geben, im Moment können die beiden dank Smiths Anwesenheit langsamer herangeführt werden.

 

In der zweiten Runde wählten die Ravens DT Timmy Jernigan von Florida State. Eine aus unserer Sicht merkwürdige Wahl. Jernigan ist ein sehr guter Spieler, gerade als One-Technique in einer 4-3 Defense. Für eine 3-4 Defense wirkt er aber deutlich zu klein. Mit seiner Kraft kann er gut gegen den Lauf verteidigen und sich auch regelmäßig von Blockern lösen, um Druck auf den Quarterback auszuüben. Als Five- bzw. Zero-Technique hat er aber entweder zu kurze Arme oder etwas wenig Masse, um aus meiner Sicht einen effektiven Starter abzugeben. Vermutlich soll er bei den Ravens als Nose Tackle eingesetzt werden, wo zuletzt Haloti Ngata zum Einsatz kam. Dieser kann aber auch als End auflaufen und dort Arthur Jones ersetzen, der zu den Colts wechselte.

 

In der dritten Runde zogen die Ravens den nächsten Seminole in FS Terrence Brooks. Im letzten Jahr holten sich die Ravens in der ersten Runde des Drafts einen Safety in Matt Elam. Elam ist ein klassischer Strong Safety, der gut gegen den Lauf und in Man Coverage ist. Als tiefer Safety ist er aber nicht wirklich zu gebrauchen. Genau den Gegenpol dazu kann Brooks darstellen. Er spielt mit einer guten Übersicht, ist ein sicherer Tackler und geht immer mit hohem Einsatz zu Werke. Von seinen Fähigkeiten hätte er auch früher vom Board gehen können.

 

Am Ende der dritten Runde hatten die Ravens einen Compensatory Pick, mit dem sie TE Crockett Gillmore von Colorado State wählten. Für uns ein sehr fragwürdiger Pick. Gillmore ist ein athletisch limitierter Blocking Tight End, der aber auch noch an seiner Technik im Blocking arbeiten muss. Er besitzt sichere Fanghände, aber sein Antritt ist recht träge und in Sachen Route Running muss er noch viel lernen. Er besitzt den Körper eines prototypischen Tight Ends, hat aber noch einen weiten Weg vor sich, bevor er regelmäßig Spielzeit sehen wird. Entsprechend früh kam aus unserer Sicht dieser Pick. Bei den Ravens ist man eigentlich gut auf Tight End aufgestellt. Dennis Pitta kam letzte Saison von einer Hüftverletzung zurück und bekam einen neuen Vertrag, Ed Dickson verließ das Team, wurde aber durch Owen Daniels ersetzt. Daniel verpasste einen Großteil der letzten Saison mit einem gebrochenen Bein und hat nur einen Einjahresvertrag, weshalb er eine Art Brücke für Gillmore darstellen könnte. Dennoch war kein wirklicher Need auf der Position vorhanden und der Pick fühlt sich nach einem großen Reach an.

 

In der vierten Runde zogen die Ravens zunächst DE Brent Urban von Virginia. Als Kanadier fing er erst spät mit American Football an, bringt aber hervorragende Voraussetzungen mit. Er ist sehr groß (6‘7‘‘), sehr kräftig und mit einer guten Athletik gesegnet. In seiner College-Laufbahn wurde er aber immer wieder von Verletzungen zurückgeworfen. Zuletzt zog er sich eine Knöchelstauchung und einen Bruch im Fuß zu, was seinem Draftstatus geschadet haben dürfte. Bei den Ravens wir der eine weitere Alternative in der Defensive-Line-Rotation darstellen. Wenn alles gut läuft, könnte er sich mit der Zeit in einen dominanten Spieler entwickeln.

 

Mit einem weiteren Compensatory Pick am Ende der vierten Runde verpflichteten die Ravens RB Lorenzo Taliaferro von Coastal Carolina. Er ist ein großer Power Back, der ideal für Short-Yardage-Situationen ist. Dazu ist er bereits sehr gut in Pass Protection. Nach einem enttäuschenden Jahr von Ray Rice wird Taliaferro ihn wohl kaum von Thron stoßen, als situationsbedingt eingesetzter Backup sollte er aber direkt seine Snaps sehen. Mit der Zeit könnte seine Rolle in der Offense aber größer werden.

 

In den Runden fünf bis sieben wählten die Ravens OG John Urschel von Penn State, einen kräftigen Run Blocker, QB Keith Wenning von Ball State, der sich in einen soliden Backup entwickeln kann, und WR Mike Campanaro von Wake Forest, einen kleinen, wendigen Slot Receiver.

 

Insgesamt kann man als Ravens-Fan mit diesem Draft zufrieden sein. Jernigan (wegen des Scheme-Fits) und Gillmore (weil zu früh) haben mich sehr überrascht, die anderen Picks gefielen mir aber durchaus. Mit dieser Klasse sollten die Ravens für die Zukunft deutlich besser aufgestellt sein.